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Pro Troisdorf-Interview mit Holger Hürten, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VR Bank Rhein-Sieg eG pro Troisdorf e.V. – Der Unternehmer-Club Lechfeld 1

Pro Troisdorf-Interview mit Holger Hürten, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VR Bank Rhein-Sieg eG

Meldung

30.03.2020: Pro Troisdorf-Interview mit Holger Hürten, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VR Bank Rhein-Sieg eG

Holger Hürten, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VR Bank Rhein-Sieg eG, erläutert Rettungsmaßnahmen für die von der Corona-Krise getroffenen Unternehmen in unserer Region.

Im telefonischen pro Troisdorf-Interview mit Carsten Seim erläutert Holger Hürten, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VR Bank Rhein-Sieg eG, Rettungsmaßnahmen für die von der Corona-Krise getroffenen Unternehmen in unserer Region. Es geht ihm darum, kurzfristig Liquidität zu erhalten und die Arbeitsfähigkeit der Wirtschaft zu sichern. Seine Bank gewährt Unternehmen für die Zeit eines halben Jahres eine Tilgungsaussetzung für laufende Kredite und arbeitet auch an entsprechenden Lösungen für Arbeitnehmer, die von Kurzarbeit betroffen sind. Der Manager weist auch auf steuerliche Optionen hin, mit denen sich Unternehmen Luft verschaffen können. Hürten rechnet mit einer Entspannung der Lage frühestens im dritten Quartal 2020. Insgesamt ist die Wirtschaft seiner Auffassung nach so robust, dass sie wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehren könne. Für die Zeit nach der Krise rät er zu Veränderungen zum Beispiel bei der internationalen Arbeitsteilung, um Lieferketten krisensicherer zu machen. Zudem werde die Digitalisierung einen Schub erleben.

Herr Hürten, welche Rückmeldungen bekommen Sie in der Corona-Krise von den Unternehmen aus Ihrem Geschäftsgebiet an Rhein und Sieg?

Holger Hürten: Die Corona-Krise trifft unsere Wirtschaft hart. Wir stellen uns als Bank dieser Lage. Zu unserem Vorgehen: Im ersten Schritt haben wir Antworten auf folgende Fragen gesucht: Wie schützen wir unsere Mitarbeiter, wie unsere Kunden und wie stellen wir die Versorgung der Menschen mit Bargeld sowie den Zahlungsverkehr sicher? Wir sind in allen diesen Bereichen gut aufgestellt – und dies trotz der Tatsache, dass wir unsere Filialen für den Publikumsverkehr schließen mussten. Nun kümmern wir uns um die wirtschaftlichen Folgen der Krise. Auf allen anderen Kanälen stehen wir digital und telefonisch mit unseren Kunden in engem Kontakt.

Ein Problem insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen sind Liquiditätsengpässe. Denn sie verlieren Aufträge oder können gar nicht arbeiten, wie zum Beispiel Gastronomen. Wie helfen Sie hier als Bank?

Hürten: Uns ist bewusst, dass die Corona-Pandemie gerade kleinere und mittlere Unternehmen aus unserem Kundenkreis besonders hart trifft. Messen und Veranstaltungen werden abgesagt, Reisen storniert, Lieferketten sind plötzlich unterbrochen, Events fallen aus. Gaststätten werden behördlich geschlossen, personennahe Dienstleistungen sind nicht mehr möglich. Die Einnahme-Einbrüche sind dramatisch. Wir bieten unseren Unternehmens-Kunden deshalb in der Zeit vom 1. April bis zum 30. September 2020 die Aussetzung aller Kredittilgungen an und belasten ihnen lediglich die Zinsen. So helfen wir, dass Liquidität erhalten bleibt.

Die Bundesregierung hat ein umfangreiches Hilfspaket versprochen. Doch Unternehmen klagen, dass beispielsweise die KfW-Kredite bei ihnen nicht ankommen. Was tun?

Hürten: Wir sind bereits in der Antragsphase. Ab Anfang April können die ersten Auszahlungen stattfinden. Es ist aber richtig: Wir haben bei KfW-Krediten einen Stau – und es dauert hier erfahrungsgemäß eine Zeit, ehe sich dieser auflöst. Um Zeitverzögerungen zu vermeiden, werden wir Kunden, mit denen wir in aktiver Geschäftsbeziehung stehen, notwendige Kredite erst einmal auf unser Risiko ausreichen und die KfW-Mittel im Nachhinein beantragen. Das wird in diesem Fall also nicht am Antragsstau bei der KfW scheitern. Wir informieren unsere Kunden umfassend. Auch Steuerberater können hier helfen. Wir sichern derzeit von morgens bis spät in den Abend wirtschaftliche Existenzen! Wir bekommen viele positive Rückmeldungen für unsere unbürokratische und pragmatische Unterstützung. Das Ziel ist im Anschluss an die erfolgte Liquiditätshilfe eine strukturierte Finanzierung, um die Krise zu meistern.

Tut der Staat in dieser sicherlich historischen Krise schon genug, um unsere Wirtschaft am Leben zu erhalten?

Hürten: Der Hilfs-Mechanismus ist sehr umfangreich und orientiert sich am Vorgehen in der Finanzkrise 2008. Wir alle wissen: Die Wirkung der damaligen Hilfen war positiv. Das lässt mich optimistisch sein, dass es aktuell auch wieder so sein wird. Insgesamt macht die Politik einen guten Job. Am Ende wird aber mitentscheidend sein, wie lange die Pandemie anhalten wird und wann es beispielsweise Medikamente und Impfstoffe gegen das Virus geben wird.

Was bietet sich Unternehmen noch an, um die Durststrecke zu überstehen?

Hürten: Im Gespräch mit Steuerberatern aus unserem Netzwerk haben wir einige Möglichkeiten ermittelt. Grundsätzlich müssen Unternehmer in NRW nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums bis zum 10. des Folgemonats ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen an das jeweils zuständige Finanzamt übermitteln. Auf Antrag kann den Unternehmen eine Dauerfristverlängerung um einen Monat gewährt werden. Bei Unternehmen mit monatlichem Voranmeldungszeitraum ist dies jedoch von der Leistung einer Sondervorauszahlung abhängig. Diese beträgt 1/11 der Summe der Vorauszahlungen für das vorangegangene Kalenderjahr und wird bei der letzten Voranmeldung des Jahres angerechnet. Die Sondervorauszahlung für 2020 wurde im Februar des Jahres geleistet. Zur Schaffung von Liquidität wird eine solche bereits geleistete Sondervorauszahlung den Unternehmen auf Antrag wieder zurückerstattet. (Info: Weitere Informationen sowie das Antragsformular sind auf dem Internetportal der Finanzverwaltung zum Download hinterlegt.)

Als weitere Liquiditätshilfe könnte sich die vereinfachte Anpassung der Einkommensteuer- beziehungsweise Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuer-Vorauszahlungen anbieten. Auch Steuerstundungen sind denkbar. (Info: Hier finden Sie das Formular zum Download auf dem Portal der Finanzverwaltung.)

Unternehmen müssen viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit schicken. Wie helfen Sie diesen Menschen?

Hürten: Wer in Kurzarbeit geschickt wird, kann bei uns unbürokratisch Unterstützung erhalten, wenn es um die Tilgungsstreckung beispielsweise einer laufenden Immobilienfinanzierung geht. Wir arbeiten gemeinsam mit unserem Partner easyCredit, hier ebenfalls ein sechsmonatiges Tilgungsmoratorium zu ermöglichen, wie wir es Unternehmen schon anbieten können.

Wann werden wir Ihrer Auffassung nach wieder zur Normalität zurückkehren können?

Hürten: Das ist keine Sache von Wochen – etwa nur bis nach Ostern. Wir werden längere Zeit mit dem Aufräumen der Krisenfolgen beschäftigt sein. Wir werden meiner Einschätzung nach auch zum Ende des 2. Quartals noch nicht in den Normalzustand aufbrechen können. Insgesamt ist unsere Wirtschaft aber so robust, dass sie wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren kann. Die Wirtschaft wird sich aber verändern. Und Unternehmen werden ihr Gesicht verändern. Das digitale Arbeiten zum Beispiel im Home-Office bewährt sich in dieser Krise gerade. Es wird einen Schub erhalten. Wir werden und müssen für die Zeit nach der Krise auch die arbeitsteiligen Prozesse überdenken. Es kann nicht sein, dass wir aktuell einen Engpass bei Schutzmasken haben, weil diese gar nicht mehr in Deutschland, sondern fast nur noch in China produziert werden! Bei allem Effizienzdenken dürfen wir in solchen Krisen nicht unsere nationale Handlungsfähigkeit verlieren. Das hat der Zukunftsforscher Matthias Horx in einem Artikel über Lektionen aus dieser Krise treffend beschrieben. Wir werden uns auch strategisch mit der Frage auseinandersetzen, welche Schlüsse wir für die zukünftige geschäftsstrategische Aufstellung der VR Bank Rhein-Sieg ziehen müssen, um uns für diese veränderte Zukunft nachhaltig erfolgreich aufzustellen.

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